Wahlkampf mit Google Adwords ist kein neues Phänomen im digitalen Wettbewerb um die Wählergunst – worauf generell geachtet werden sollte ist bekannt. Spätestens seit der Bundestagswahl 2009 nutzen die großen deutschen Parteien Anzeigenschaltungen via Google in ihren Wahlkampagnen. Parteien, die ihre Hausaufgaben gemacht haben und Kampagnenkonten seit jeher pflegen, verfügt heute über einen wertvollen Datenschatz, der sich für bevorstehende Kampagnen hervorragend nutzen lässt. So können sie davon Gebrauch machen:
Datenschätze in jedem Bundesland
In jedem Landtagswahlkampf der vergangenen sieben Jahre dürften die Polit-Strategen der Parteien gemeinsam mit Unterstützung externer Berater unter anderem auf den Einsatz von Google Adwords gesetzt haben. Hinzu kommen die Wahlkämpfe zur Bundestagswahl 2009 und 2013 und im besten Fall die Europawahlkämpfe 2009 und 2014. Im Laufe der Zeit lassen sich in den Kampagnenkonten bei Google umfassende Datenschätze anhäufen.
- Welche Themen spielten eine Rolle?
- Welche Anzeigentexte funktionierten am besten?
- Welche Schlagworte sind entscheidend?
Diese und weitere Fragen lassen sich mit Hilfe der Daten aus Google-Adwords Konto beantworten. Wer konsequent ausgewertet hat, ist deutlich im Vorteil. Aber da geht noch mehr. Neben Auskunft über Themen, Schlagworte und Tonalitäten liegt enormes Potenzial zur Professionalisierung in der regionalen Aussteuerung von Kampagnen zur Mobilisierung von Wählern. Bis hinunter auf die Ebene der Postleitzahlen lassen sich Wählervorlieben in den Bestandsdaten analysieren und in bevorstehenden Kampagnen nutzen – vorausgesetzt, die Verantwortlichen haben bereits auf die richtige Aussteuerung gesetzt.
Auf regionale Themenkonjunktur bauen
Den entscheidenden Unterschied macht das regionale Targeting – zu deutsch: die regionale Aussteuerung einzelner Anzeigen. Wer in der Vergangenheit mit der Gießkanne ganze Bundesländer oder gar das ganze Bundesgebiet mit Google Adwords Anzeigen bedient hat, wird im Bezug zu Geodaten auf wenig brauchbare Informationen aufbauen können. Enormes Potenzial zur Wähleranalyse bergen hingegen Kampagnenkonten, in denen Anzeigen vergangener Wahlkämpfe basierend auf Postleitzahlgebieten ausgeliefert wurden. Denn die Auswertung aller Kampagnendaten aus Google Adwords Konten kann dann auf die Ebene der Postleitzahlen heruntergebrochen werden. Es lassen sich so die Hot-Spots der mobilisierbaren Wählerschaft ausfindig machen. Themenkonjunkturen, getrieben von lokaler und regionaler Medienberichterstattungen lassen sich aus den Geodaten auslesen.
Aus den Geodaten der Adwords-Kampagnen lassen sich Gebiete ausfindig machen, in den bestimmte Themen besondere Relevanz haben. Ein Beispiel: Angenommen die CDU setzt unter anderem auf Adwords Anzeigen zu den Themen Doppelpass, Mindestlohn und Sicherheit. Steuert sie basierend auf Postleitzahl-Gebieten aus, kann nach kurzen Kampagnenlaufzeiten jeder Ort, bzw. jedes Postleitzahlengebiet analysiert werden. Es lässt sich auslesen, wo welche Themen besondere Relevanz haben. Die Optimierung der Kampagne kann dann basierend auf Geodaten erfolgen. Gebote für Anzeigen zu weniger relevanten Themen lassen sich reduzieren, für wichtige Themen werden Gebote angehoben. Aber nicht nur das. Die Wahlkampfaktivitäten ganzer Teams vor Ort könnten – basiert auf den Kampagnendaten aus Google Adwords – stärker auf die identifizierten Themen ausgerichtet werden. Klassische Wahlkampf-Medien und Veranstaltungen ließen sich basierend auf den aggregierten Daten ausrichten. Geodaten aus Google Adwords können so dazu beitragen, die Wählerinteressen vor Ort medien- und maßnahmenübergreifend genauer zu adressieren.
Kleine Fallstricke beim Wahlkampf mit Google Adwords Geodaten
Die Postleitzahlen des gesamten Bundesgebiets ausfindig zu machen ist sicher das geringste Problem. Zwar erkennt Google-Adwords seltsamerweise nicht jedes Postleitzahlengebiet – beispielsweise in dünn besiedelten Regionen Brandenburgs – dennoch lässt sich das Bundesgebiet weitgehend über Postleitzahl-Regionen abdecken.
Aufwendiger ist im Adwords-Konto die optimale Kampagnenstruktur anzulegen. Einzelne Kampagnen werden nicht mehr für das gesamte Bundesgebiet angelegt. Jedes Bundesland bekommt eine eigene Adwords-Kampagne. Das hat nicht nur den Vorteil, das geografisch zielgenauer ausgesteuert werden kann, es ermöglicht außerdem eine effektivere Budgetverteilung in die Regionen, in denen sich bestimmte Themen als besonders wertvoll erweisen. Nachteilig ist, dass Kontrolle, Optimierung und Aussteuerung von mehreren Kampagnen ungleich aufwendiger sind, als beim Prinzip „One size fits all“. Die Professionalisierung des Wahlkampfs wird die angerissenen Schritte erforderlich machen.
Parteien, die in der Vergangenheit noch keine Aussteuerung auf Postleitzahlenebene angewendet haben, sollten schleunigst damit beginnen. Die immer spezifischere Wähleransprache – unter anderem über ein granulares Geotargeting – wird auch in die Google-Adwords Kampagnen der Parteien zu Wahlkampfzeiten Einzug erhalten. Google Adwords bleibt auf absehbare Zeit einer der wichtigsten Kanäle im Marketing und wird auch in kommenden Wahlkämpfen für die Vermittlung politischer Botschaften seinen Platz haben.